Bewerbungsgespräch II – schon wieder eine abc-Etüde

Bei uns laufen Bewerbungsgespräche. Wenn statt vier nur noch zwei Mitarbeiter da sind, ist die Arbeit einfach nicht zu schaffen.

Ich durfte an den bisherigen zwei Bewerbungsgesprächen teilnehmen. Oder soll ich sagen, ich musste teilnehmen?

Für mich sind das, im Gegensatz zu den sich Vorstellenden – die unzweifelhaft zu der Zeit einen recht hohen Stresslevel haben, belanglose Gespräche. Nicht, weil es mich nicht interessiert, sondern weil ich genau weiß, dass mich der erste Eindruck meist täuscht. (Verlassen kann ich mich aber darauf auch nicht, sonst wär‘s ja einfach.) Ich kann schlecht beurteilen, ob ich mit Jemanden klarkomme oder nicht und mein Bauchgefühl zu einem Menschen entwickelt sich erst nach einigen Stunden, die ich auf meinen Eindruck schon rumgekaut habe.

Also plätschern die Gespräche gewöhnlich leise vor sich hin, ich sitze dabei, höre zu, stelle die ein oder andere Frage und versuche, mich auf meine Empfindungen zu konzentrieren, mich nicht daneben zu benehmen und nicht zu viele Kekse zu essen.

Ganz anders letzte Woche.

Da saß plötzlich ein Papiertiger im Zimmer.

Sie erzählte aus ihrer beruflichen Vergangenheit, heiter, laut und selbstbewusst, kam minütlich immer mehr ins Parlieren und schmiss nach kurzer Zeit schon mit Begriffen um sich, die ich noch nie im Zusammenhang mit meinem Job gehört hatte. Was sie nicht alles gemacht hatte, blablabla, welcher Chef sie in welcher Situation haben wollte, weil sie ja blablabla. Sie wissen da ja, Sie kennen das ja!

Öhh, nö. Ich habe ehrlich keine Ahnung! Aber mein Chef war fröhlich und freundlich, also aß ich doch zu viel Kekse und schwieg. Etwas entnervt schlug ich schließlich ein Bürobegehung vor.

Aus irgendeinem Grund war ich sicher gewsen, dass das den Tiger abschrecken würde.

Hat‘s aber nicht. Jetzt kommt sie nächste Woche zum Probearbeiten. Damit hätte ich nie gerechnet. Ich bin gespannt, wer da auftaucht.


 

Irgendwo hab ich die Frage gelesen, ob Papiertiger immer männlich sein müssen. Nein, müssen sie nicht! Ich habe es erlebt und bin wirklich sehr gespannt, wie mein zweiter Eindruck werden wird.

Ansonsten habe ich in dieser Runde der Abc-Etüden den Fehler gemacht, die Etüden der anderen Mitschreiben und Mitschreiberinnen schon zu lesen. Nie wieder werde ich das machen, es hat mich völlig blockiert. So viele tolle Ideen zu Worten Papiertiger, belanglos und plätschern von Donka von Only bats can hang! Was sollte mir dazu denn auch noch einfallen? Echt schwierig, und so ist es wieder nur eine erlebte Geschichte geworden. Ich bewundere den Ideenreichtum der Etüdenblogger, echt!

Wer die Regeln der abc-Etüden und die anderen Etüden nachlesen oder auch selbst mal mitschreiben möchte, kann dies bei lieben Christiane hier tun bzw. sich verlinken. 😉

12 Gedanken zu “Bewerbungsgespräch II – schon wieder eine abc-Etüde

  1. Du hast so recht! Dieses Mal fällt es auch mir echt schwer, meinen Papiertiger irgendwohin zu schicken, „where no man has gone before“. Oder so.
    Aber genau solche Papiertiger kenne ich auch, obwohl ich auch die Prinzesschen-Variante kenne. Du hast recht, man kann gespannt sein, wer da auftaucht.
    Liebe Grüße und vielen Dank für das Papiertiger-Nischen-Suchen
    Christiane 😁🐱🍷

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  2. Ich finde auch, dass Etüden mit Erlebtem schwieriger sind, am einfachsten ist es für mich, mit dem Hund spazieren zu gehen und auf Einfälle zu warten. Kommen dann meist auch relativ schnell, Aufnahmegerät am Handy aktivieren, Stichworte eingeben und auf dem Rückweg dann schon konkrete Sätze im Kopf haben, aber schnell aufschreiben, weil sie sonst verloren gehen.

    Insofern: Respekt vor Deinen Beiträgen!

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    1. Du gehst ja richtig professionell vor! Ich schreib mir normalerweise die Worte Sonntags auf und lese dann nicht, was ihr dazu schreibt, sondern warte ab, ob mir die Worte irgendwelche Bilder oder Ideen schicken. Diesmal war es völlig still, bis zu der Frage, ob Papiertiger eigentlich immer nur Männer sein müssten. Dann ging es rund im Kopf und die Geschichte schrieb sich fast von selbst. Ich lese dann quasi nur noch Korrektur.
      Schön, dass wir so verschieden sind, das macht die Etüden ja auch aus!

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  3. Dann in ich ja mal gespannt wie es mit dir und der Tigerin laufen wird.
    Als eine in einem klassischen Frauenberuf Areritende sag ich mal spontan: „Jo, die kenne ich, die Tigerinnen“
    Mich irritiert das Etüden vorher lesen eigentlich nicht, es sei denn eine(r) hat mehr oder weniger genau die Idee gehabt, die ich auch im Kopf habe, dann trau‘ ich mich das nicht mehr

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    1. Unser Büro „vermännert“ immer mehr, im März fängt der erste junge Mann in meinem Bereich an. Das hat sicher mit der überdurchschnittlichen Bezahlung zu tun, die den Beruf auch für Männer attraktiver macht. Ich bin sehr gespannt, wie das wird!

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  4. Pingback: Schreibeinladung für die Textwochen 06.07.20 | Wortspende von Make a choice Alice | Irgendwas ist immer

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